Schöffau
St. Anna

F. B. Maerz/ München - 1906 - I+P/7

Romantische Franz März Orgel Prospekt

Franz Borgias März/ München - 1906 - I+P/7

Reinigung/ Restaurierung Oktober 2023

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Kurze Orgelgeschichte

Die Grundmauern der der Hl. Anna geweihten Kirche in Schöffau gehen bereits auf das 14. Jahrhundert zurück. Das heutige Bauwerk wurde wohl in der Mitte des 17. Jahrhunderts gebaut und ist sowohl mit barocken als auch klassizistischen Stilmitteln gestaltet. Das Gotteshaus war im 17. Jahrhundert auch ein überregionaler Pilgerort zu einer Holzfigur der Mutter Maria aus dem 14. Jahrhundert.
Die Franz Borgias März Orgel in Schöffau wurde 1906 von Johann Lory aus Höldern gestiftet.
1931: Reinigung/Reparatur/Stimmung durch F. Kofler
1971: Reparaturen durch H. Appel
1983: Nachintonation und Veränderung am Windsystem mit neuem Motor durch J. Garhammer
1989: Renovierung durch die Orgelbaufirma Riegner und Friedrich
2006: Reinigung, neue Pedalklaviatur, Verkleidung Subbass 16‘ durch D. Schingnitz
2023: Renovierung durch Orgelbau Schreier

Folgende Inschriften und Daten sind in der Orgel zu finden.
- Orgel gereinigt, gestimmt u. repariert vom 5. August bis 8.VIII 1931 von Franz Kofler, Orgelbauer u. Ach. Fuhrmann, Gehilfe (Inschrift unter der Manualklaviatur)
- Orgel gereinigt, repariert u. reingestimmt vom 5.-8. August 1931. Franz Kofler, Orgelbauer, Ach. Fuhrmann, Josef Lory, Benno Geiger
- 7.3.67 (Deckel des Umschaltrelais Manual)
- H. Appel , 2.6.71 (Kanzelle Pedalwindlade & Taschenbretter)

Franz Kofler und sein Kollege wurden wohl nicht besonders gut in Schöffau aufgenommen, so schrieb er in seiner russischen Muttersprache auf den Spieltisch unter der Manualklaviatur:
Wir beide kamen auf unserer Wanderschaft hierher. Die Zeit, die wir hier waren, wurde uns durch allzu großes Misstrauen arg erbittert.

Abschlussbericht der Orgelrestaurierung (PDF 9MB)
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Klang & Intonation

Der Gesamtklang der kleinen Orgel zeigt sich als raumfüllendes und mit mischfähigen Registern ausgestattetes Instrument. Der recht kräftige und voluminöse Prinzipal 8‘ sorgt für das Fundament des romantischen Klangaufbaus. Mit einem leicht singenden Strich ergänzt sich das Register gut mit dem Gedeckt 8‘. Mit ihrer deutlichen und typischen Färbung bringt die Viola die Gamba 8‘ eine hörbare Klangerweiterung im Obertonbereich und entwickelt durch die streichende, aber relativ präzise Ansprache ein schönes Klangerlebnis. Im Zusammenspiel mit dem sehr zarten und leisen Salicional 8‘ und der Superoktavkoppel entsteht ein Klarinettenklang. Die ab c1 überblasende Traversflöte 4‘ harmonisiert gut mit Gedeckt 8‘ und erzeugt einen flötigen und runden Charakter. Die kräftige Klangkrone wird vom Oktave 4‘ gebildet. Der Subbass 16‘ als einziges Pedalregister eignet sich besonders gut als leise Begleitung mit Salicional, Gedeckt oder Gamba 8‘. Bei kräftigeren Registrierungen kann die Pedalkoppel hinzugezogen werden.
Die Labien wurden für einen runderen Klang überwiegen halbrund mit ¼ der Labienbreite aufgeschnitten. Die Kerne wurden durchweg mit zahlreichen Kernstichen versehen. Um einen seidigeren Charakter zu erzeugen, wurde fast das gesamte Pfeifenwerk mit Stimmexpressionen ausgestattet. Die Regulierung der Lautstärke erfolgt über die Einstellung am Fußloch.
Die Mensuren sind typisch gewählt und weisen einen Anstieg im Diskantbereich auf, damit die Pfeifen in den hohen Lagen einen flötigen und strahlenden Charakter entwickeln. Die Durchmesser der Prinzipale und der Traversflöte sind recht weit gewählt.

Im Rahmen der Restaurierung konnte der romantische Klang der Orgel wiederhergestellt werden.

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Pfeifenwerk

Die Prospektpfeifen wurden feucht gewischt, die Kernspalten mit Pinsel gereinigt und wo nötig die Körper ausgedellt und repariert. Teilweise musste die Bronzierung mit Lackspray etwas ausgebessert werden. Lose Seitenbärte wurden wieder angebracht. Die Stimmrollen wurden gerade gerichtet und deren Filzeinlagen kontrolliert.
Das gesamte Pfeifenwerk wurde abgetragen und außen feucht gewischt. Die Kernspalten wurden mit Feder und Pinsel gereinigt und die Kernstiche gesäubert. Die Stimmrollen wurden repariert, fehlende erneuert und die defekten Bärte und plumpen Lötstellen ausgebessert. Die Pfeifenmündungen wurden überarbeitet, aber nach Möglichkeit nicht weiter abgeschnitten, um den originalen Zustand weitgehend weiter erhalten zu können. Verbogene Pfeifenkörper wurden gerade gerichtet. Die Tonbezeichnungen mit Blaukreide konnte durch die bloße Reinigung mit Seifenwasser leider nicht entfernt werden und mussten daher beibehalten werden. Die Intonierrollen der Streicherregister wurden überprüft und wo nötig zusätzlich geklebt. Verbogene Bärte wurden repariert und wieder ausgerichtet. Das ganze Pfeifenwerk wurde sauber und gerade einrastriert. Vor allem die tiefen Oktave standen recht schief.
Die Holzpfeifen wurden feucht gewischt und mit dem Holzwurmmittel Impra-Sanol behandelt. Nach dem Trocknen wurden die Wurmlöcher mit einer Paste aus Bienenwachs und Leinöl ausgestrichen. Die Spunde wurden entfernt, gereinigt und deren Passung geprüft. Das Leder wurde talkumiert und wo nötig ersetzt.

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Windlade - Taschenlade

Die Stöcke wurden demontiert, ausgeblasen und mit Wurmmittel behandelt. Die Taschenbretter wurden abgeschraubt und gereinigt. Einige undichte oder nicht der Bauform entsprechenden Taschen mussten aufwändig restauriert werden. Dafür wurde neues braunes Spaltleder, Blaupapier und Glutinleim verwendet. Die Federn, Federführungen und Pappscheiben wurden beibehalten. Die Dichtungsscheiben aus Leder wurden gänzlich nach vorgefundener Bauart erneuert. Die Dichtungen sollten nicht wie mittlerweile üblich mit Filz aufgedoppelt werden, da sonst die Taschen nicht mehr repetieren! Um das Spaltleder wieder geschmeidig zu machen, wurden die Taschen mit Eiweiß bestrichen und mit Talkum bepudert. Die Trocknungsrisse in Windladen und Taschenbrettern wurden ausgeleimt oder mit Ledersteifen verschlossen. Das Dichtungsleder unter der Windlade wurde aufgebürstet. Die Taschenbretter wurden mit neuen und eingewachsten Schrauben befestigt. Die Schraublöcher mussten teilweise bearbeitet werden, damit die Schrauben wieder besser ziehen. Die Stockschrauben und deren Beilagscheiben wurden mit einer Stahlbürste mechanisch entrostet und mit heißem Öl konserviert. Die kleinen Papprohre auf den Stöcken wurden durch Flex-Kondukten ersetzt und nur eingesteckt. So lassen sich die Stöcke jederzeit einfach ausbauen. Die Papprohre zum Prospekt mussten wegen Windverlusten eingeleimt werden. Die Papprohre zum Unterstock der Streicher wurden mit Leder abgedichtet und eingeleimt. Das Leder der Überstöcke wurde aufgebürstet.
Die Pedalwindlade und -stöcke wurden mit Holzwurmmittel behandelt und die Wurmlöcher mit Bienenwachs-Leinöl-Paste ausgestrichen. Die Kegel wurden überprüft und die Papierung teilweise ausgebessert. Die Verführungen gesaugt.

Aufteilung der Register (v. vorne n. hinten): Prospekt, Prinzipal 8‘, Oktave 4‘, Traversflöte 4‘, Gedeckt 8‘, Salicional 8‘, Gamba 8‘

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Tonmechanik

Über ein Auslass an der Taste wird der Wind-Impuls an ein Relais im Spieltisch weitergeleitet, welches den Abstrom auf Zustrom umschaltet. Dieser Zustrom bedient über Bleirohre eine Ledermembrane an der Windlade, welche die Tonrelais der Taschenbretter schaltet. Diese Konstruktion ermöglicht eine rasche und präzise Repetition der Taschen.
Die Membranen der Tonrelais sind überwiegend in einem recht guten Zustand. Leichte Quietschgeräusche rühren von der Messingführung der Stifte des Auslassrelais her. Die Bleiverrohrung ist sauber verlegt, teilweise sind Bleirohre leicht herausgerutscht. An wenigen Stellen sind durch das ständige Reiben der Balgscheren an Bleirohren Löcher entstanden.
Die Ledermembranen der Tonrelais konnten größtenteils beibehalten werden und wurden nur vereinzelt erneuert. Die Bleirohre zur Manual- und Pedalwindlade wurden mit Gummi arabicum wieder sauber eingeklebt und gerade gebogen. Die von den Balgscheren abgescheuerten Löcher in den Bleirohren wurden mit Leder verschlossen.

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Registereinschaltung

Die Ansteuerung der Register erfolgt über Registerwippen über der Manualklaviatur, welche einen Auslass freigeben. Das Umschaltrelais wandelt den Abstrom in einen Zustrom um und betätigt über Bleirohre unter der Windlade eine Ledermembrane, welche wiederum die großen Registerbälgchen über ein Abstrom-System schalten. Die Registerbälgchen sind mit braunem Spaltleder bezogen, welches durch den Ruß in der Windversorgung recht schwarz geworden sind. Teilweise waren die Bleirohre zu den Membranen abgeknickt und verbogen. Das Leder der Abdichtung zur Registerkanzelle ist noch intakt. Zur Registereinschaltung gelangt man über den mittig gelegenen Registerkanal. Die Papierung des Deckels war mittlerweile sehr verbraucht. Leichte Trocknungsrisse gab es zwischen den Registerkanzellen. Das Innere des Registerkanals ist mit roter Bolusfarbe bestrichen.
Die Registerbälgchen wurden komplett ausgebaut und mit Bürsten gereinigt, die Dichtungsleder wurden aufgebürstet. Die Stecher der Einschaltung wurden gerade gerichtet und einreguliert. Die Risse wurden ausgeleimt. Die verbogenen und abgeknickten Bleirohre wurden gerade gerichtet oder ersetzt und mit Gummi arabicum eingeklebt. Die Messingführung der Durchgangsdrähte wurde geölt. Die Papierung des Registerkanaldeckels wurde komplett erneuert. Auch die verrosteten Schrauben wurden ersetzt.

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Spieltisch

Für die Restaurierung der beiden Umschaltrelais musste der komplette Spieltisch zerlegt werden, da die Apparate etwas ungünstig verschraubt sind. Die Bleirohre wurden beschriftet und ausgerohrt. In der Werkstatt wurden die beiden Apparate überarbeitet. Das Spaltleder der Umschaltventile und die Dichtungsscheiben wurde erneuert und mit Warmleim verleimt. Die korrodierten Drähte der Ventile wurden für eine bessere Korrosionsbeständigkeit aus Neusilber hergestellt und mit den originalen Holzmuttern sauber einreguliert. Die Regulierschrauben wurden baugleich ersetzt. Die Deckel der Apparate wurden überarbeitet und die verrosteten Schrauben ersetzt. Nach dem Wiedereinbau wurden die Bleirohre sauber ausgerichtet und mit Gummi arabicum eingeklebt. Die Repetition wurde an den Regulierschrauben sauber eingestellt. Undichtes Leder wurde erneuert oder nach Möglichkeit aufgebürstet.
Die Manualklaviatur wurde demontiert, gereinigt und restauriert. Die Anschlagfilze am Ende der Tasten wurden erneuert, die Abzugsdrähte mit Hilfe der Holzmuttern wieder sauber einreguliert. Die Dämpfungen der Tasten konnten beibehalten werden, wurden aber schon einmal erneuert. Die Garnierung der Führungsstifte wurden in der Mittellage mit Kerntuch erneuert und die Führungsstifte selbst wieder ausgerichtet. Die Obertasten wurden geschwabbelt. Wo nötig wurden verrostete Schrauben ersetzt. Die Pedalklaviatur wurde an den abgeriebenen stellen lackiert, die Dämpfungen sind intakt. Die leichten Klappergeräusche beim Pedalspiel sind bauartbedingt. Die Filzscheiben am Auslassventil des Pedals wurden durch Lederscheiben ersetzt. Die Federn wurden dort ausgebaut und poliert und die Federaugen geölt. Das Ventilleder aufgebürstet.
Die Spieltischoberfläche wurde mit klarem Schellack mehrmals aufpoliert, der Rollladen wurde mit schwarzem Schellack überzogen. Die Metallgriffe wurden aufpoliert und fest angeschraubt. Die Anschlagfilze des Rollladens wurde erneuert und angepasst. In der Werkstatt wurde der gesamte Registerblock zerlegt, gereinigt und aufwändig restauriert. Der Kunststoffbelag und die Lederdichtung der Wippen wurden erneuert. Das Porzellanschildchen „Volles Werk“ wurde neu angefertigt. Eine neue LED-Notenpult- und Pedalbeleuchtung wurden für eine angenehmere Spielatmosphäre eingebaut. Dazu mussten neue Drehreiber für die Kniefüllung hergestellt werden. Das Licht lässt sich mittels eines Kippschalters im Spieltisch abschalten.

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Windanlage & Gehäuse

Der Balg wurde gereinigt und gewischt. Die undichten Lederecken an den Zwickeln wurden mit Lederstreifen und Glutinleim abgedichtet. Unschöne Stellen in der Papierung wurden ausgebessert. Der provisorische Deckel an der alten Stelle des Rollventils wurde entfernt, ein Holzspund in das Loch eingepasst und die ganze Fläche mit Blaupapier überzogen. Das Rollventil wurde neu einreguliert, die Balgscheren geschmiert.
Im Rahmen der Restaurierung wurde der Winddruck von 100mmWS auf 90mmWS verringert. Dafür wurde eine kleine Eisenplatte vom Balg entfernt. Bei Orgelspiel mit vollem Werk sinkt der Magazinbalg recht schnell zusammen, bekommt also nicht die nötige Windmenge vom Motor.
Das gesamte Gehäuse wurde gesaugt, gereinigt und mit Holzwurm- sowie Schimmelmittel behandelt. Die 2007 hinzugefügt Holzkonstruktion am Pedal wurde an zu Resonanz neigenden Stellen mit Filz belegt. Leichter Schimmelbefall zeigte sich v.a. an den Gehäusefüllungen. Um eine bessere Durchlüftung, v.a. im Untergehäuse zu erzielen, wurden die Füllungen auf der Cs-Seite mit speziellen Knacken auf ca. 25mm Abstand gesetzt. Durch die Aufstellung des Subbass 16‘ direkt am Gehäuse, ist dies auf der C-Seite leider nicht möglich. In das Gehäuse wurde vom Elektriker eine Wartungsbeleuchtung montiert. Der Schalter dafür befindet sich im Obergehäuse seitlich auf der Cs-Seite

Abschlussbericht der Orgelrestaurierung (PDF 9MB)

Disposition

I. Manual C-f³
Principal 8'
Gedeckt 8'
Viola di Gamba 8'
Salicional 8'
Oktave 4'
Traversflöte 4'
Pedal C-d'
Subbass 16'
Koppeln & Spielhilfen
Pedalkoppel
Superoktavkoppel (ausgebaut bis f4)
Volles Werk

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