Zahling
St. Gregor der Große

J. G. Hörterich - 1765 - I+P/13

Hörterich Barock-Orgel Restaurierung

J. G. Hörterich - 1765 - I+P/13

Restaurierung 2022/2023

Disposition

I. Manual C/Cs-f3
Principal* 8'
Gamba 8'
Dolcissima 8'
Gedeckt 8'
Octav* 4'
Spitzflöte* 4'
Quinte* 2 2/3'
Octav* 2'
Mixtur 3f* 1 1/3'
Teilw. originaler Bestand 1765
Pedal C-g0
Subbass* 16'
Octavbass* 8'
Quintbass* 5 1/3'
Octavbass 4'
Teilw. originaler Bestand 1765
Koppeln
I - Pedal (bis d1)
Orgelprospekt Hörterich Barockorgel Restaurierung

Geschichtlicher Abriss

Die heutige Pfarrkirche in Zahling wurde 1779 im Rokoko-Stil erbaut und ist dem Hl. Papst Gregor dem Großen geweiht. Jedoch bereits im 15. Jahrhundert wurde der Gemeinde eine Kirche geschenkt. Das Kirchenschiff wurde 1871 nach Westen hin verlängert. In diesem Jahre wurde auch die Orgel als ein gebrauchtes Instrument auf der Westempore aufgebaut. Der Hochaltar wurde 1783 von J. A. Wiest aus Schrobenhausen gefertigt.
Das Jahr der Orgelerbauung kann leider nicht eindeutig festgelegt werden und es finden sich verschiedene Angaben. Sicherlich ist das Instrument aber zwischen 1750-1770 erbaut worden und entstammt aus den Händen des berühmten Dirlewanger Orgelmachers Johann Georg Hörterich, welcher in Schwaben und Oberbayern einige Instrumente erbaute. Im Kloster Polling schuf Hörterich 1765 ein Instrument, von dem heute nur das Gehäuse erhalten ist. Für diese Kirche hat Hörterich wohl auch eine kleinere Chororgel geschaffen. Diese Chororgel wurde zwischen 1803 und 1807 im Zuge der Säkularisation nach Schwabmünchen transferiert und nach dem damaligen Klangverständnis verändert. Als die Kirchengemeinde in Schwabmünchen 1864 eine neue Orgel bekam, wurde die Hörterich-Orgel abgetragen und im Dachboden des Gotteshauses eingelagert. Nach 7 Jahren im eingelagerten Zustand wurde die Barock-Orgel für 200fl an die Gemeinde Zahling verkauft. Dort wurde sie durch P. Biehler eingebaut, jedoch erneut verändert und wegen der begrenzten Emporenhöhe extrem gestaucht.

Konzept

Die Renovierung und Reinigung der Barockorgel in Zahling sah in Abstimmung mit Herrn Dr. Könner vom Landesamt für Denkmalpflege vor allem das Erhalten, Konservieren und Dokumentieren der wertvollen historischen Substanz vor. Durch unsere Maßnahme wurde das Instrument wieder in einen funktionstüchtigen und klanglich ansprechenden Zustand versetzt und gleichzeitig das historische Material durch eine behutsame und fürsorgliche Überarbeitung für die nachfolgenden Generationen gesichert. Auf klanglicher Seite wurde die Intonation, Stimmung und Pfeifenlängen der Orgel so gut wie möglich beibehalten, damit die bereits sehr in Mitleidenschaft gezogenen Pfeifen weiter erhalten werden können. Technisch wurden an der Orgel defekte Teile repariert oder nach historischem Abbild rekonstruiert. So wenig wie möglich, so viel wie nötig.

Barockorgel Pfeifen Restaurierung

Intonation

Eine unberührte Intonation lässt sich nur noch an wenigen Pfeifen erkennen. Über die Jahrhunderte ging das Instrument sicherlich durch einige Orgelbauer-Hände, wodurch auch die Intonation mit verändert wurde. Kernstiche, Lautstärke, Aufschnitte und Pfeifenlängen wurden immer mal wieder bearbeitet, um den Orgelklang an die Vorlieben der Organisten, Orgelbauer und an die damalige Zeit anzupassen. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Originalzustand der Kern unbehandelt war und kaum bis keine Kernstiche vorhanden waren, was zu einem schärferen und obertonreicheren Klang geführt hat, was wiederum die polyphone Barockmusik unterstützt. Anhand der überlieferten Dispositionen lässt sich eine bewegte Geschichte der Orgel feststellen.

Holzpfeifen Restaurierung Barockorgel

Pfeifenwerk

Das gesamte Pfeifenwerk wurde behutsam mit Feder und Pinsel gereinigt und gewischt. Ein Reinigen der Pfeifen in einem Wasserbad hätte das Abwaschen der originalen Lötfarbe zu Folge, daher wurden die Pfeifen v. a. trocken gereinigt. Jede einzelne Pfeife wurde zudem genau dokumentiert und Mensur, Aufschnitt und Labium abgenommen. Durch das Alter und die dünnwandigen Pfeifenkörper gestaltete sich die Restaurierung und das Reparieren der Pfeifen als recht diffizil, gerade auch dadurch, dass bereits recht viele reparierte und unsauber verlötete Stellen an fast allen Pfeifen zu finden waren. Damit das Material nicht noch weiter zerstört wird, musste ständig ein Kompromiss zwischen Reparatur und Erhalt gesucht werden. Die eingedellten Füße wurden vom Fußloch aus wieder geradegerichtet. In extremen Fällen musste eine neue Spitze angelötet werden. Die Pfeifenkörper wurden auf Formen rundiert, repariert und teilweise nachgelötet. Verbogene Labien und Bärte wurden geradegerichtet. Die Kernspalten wurden mit Pinsel und Zahnbürste gesäubert.
Alle Holzpfeifen wurden ausgeblasen, feucht gewischt und anschließend mit Holzwurmmittel Impra-Sanol eingelassen. Gerissene Spunde wurden neu verleimt, ggf. eingepasst, das Leder aufgebürstet oder erneuert und mit Talkum versehen. Die Pfeifenkörper wurden auf Risse und Undichtigkeiten kontrolliert. Einige Stellen an den Pfeifen mussten dabei ausgebessert und repariert werden. Wie alle winddichten Orgelteile wurden auch die Wurmlöcher der Pfeifenkörper mit unserer hauseigenen Bienenwachs-Leinöl Paste verschlossen und abgedichtet.
Da die Pfeife Ton H des Choralbasses 4‘ im Pedalwerk überliefert ist und auch die dafür vorgesehene Schleife und Registermechanik bereits für eine Rekonstruktion vorgesehen war, konnte das Register nun relativ einfach nachgebaut werden. Dazu wurden die Mensur anhand der vorgefundenen Pfeife Ton H, der Innenmensuren der Oktave 4‘, den Stockbohrungen, sowie den Pedal-Mensurverläufen errechnet.

Barockorgel Windlade

Windlade

Schleifen und Dämme wurden gesaugt. Die Stöcke und Raster wurden ausgeblasen, und gereinigt und mit Holzwurmmittel eingelassen. Die schwarzen Liegelindscheiben wurden aufgebürstet und auf Dichtheit kontrolliert. Anschließend wurden die Wurmlöcher der Stöcke mit der Bienenwachs-Leinöl Paste verschlossen und abgedichtet. Teilweise mussten Quell- oder Trocknungsrisse in den Stöcken neu verleimt und abgedichtet werden. Die Stuhlraster wurden schreinerisch ausgebessert und repariert, um ein weiteres Aufreißen zu verhindern. Abgebrochene Zapfen der Rasterfüße wurden ergänzt und eingeleimt. Die Stockschrauben wurden mittels Elektrolyse von Rost befreit und mit heißem Öl brüniert und somit konserviert. Zur Überprüfung auf Durchstecher und Heuler wurde die Windlade abgedrückt und abgehört. Blasgeräusche wurden mit Filz und Leder abgemildert. Die Pfeifen wurden sauber in ihren Rasterlöcher ausgerichtet und in das Lot gesetzt. Gerade im Bassbereich der Metallpfeifen war eine größere Nacharbeit notwendig.
Die Raster des rekonstruierten Registers Oktavbass 4’ wurden nach historischem Vorbild aus Nadelholz erneuert und die Pfeifen sauber eingepasst.

Barockorgel Mechanik Orgelrestaurierung

Tontraktur

Nach der Reinigung der Traktur mit Pinsel und Bürsten wurden die korrodierten Drähte am Winkelbalken erneuert. Dazu musste die Traktur ausgehängt und in der Werkstatt repariert werden. Als Korrosionsschutz und zum Gängigmachen der Ledermuttern, wurden die Drähte mit Bienenwachs behandelt. Einige Muttern wurden erneuert. Eine Nadelholzwelle und dessen Eisenärmchen wurde nach originalem Vorbild rekonstruiert. Die Achsen wurden kontrolliert und ggf. die Stifte neu eingeschlagen. Die Traktur wurde sauber einreguliert.

Register Barock Orgelrestaurierung

Registermechanik

Alle Winkel wurden auf Quietschgeräusche untersucht und geölt. Die korrodierten Metallwinkel wurden mittels Elektrolyse entrostet und mit heißem Öl neu brüniert, die Achsen gefettet. Zur Verbesserung der Gängigkeit mussten einige Dämme mit Papier untergelegt und die Schleifenangriffe verbessert werden.

Barockorgel Spieltisch

Spieltisch

Der Spieltisch ist nicht original.
Die Tasten wurden gereinigt und das seitliche Spiel verringert und neu eingestellt. Überzählige Löcher wurden ausgebessert und geschlossen. Das Notenpult wurde optisch nachgebessert und neu lackiert. Die Filzdämpfung der Pedaltraktur-Stecher wurde erneuert.
Da sich das Pedal recht schwergängig spielen ließ und die Pedaltasten zum Verkanten neigten, wurde im Zuge unserer Restaurierung eine neue Pedalklaviatur nach BDO-Norm DIN2000 angefertigt und eingebaut. Die schlichte Orgelbank wurde beibehalten, in der Höhe aber verringert, um die Ergonomie beim Spielen zu verbessern. Die Traktur und Koppeln wurden sauber einreguliert.
Da sich das Pedalwerk nur bis g°, die Pedalkoppel allerdings bis d‘ spielen lässt, wurde eine mechanische Subkoppel eingebaut, um das klangliche „Loch“ zu schließen. Dazu wurde das vorhandene Wellenbrett um die fehlenden Sub-Töne ergänzt, sodass die Wirkung vom Koppelangriff auf die Pedaltraktur umleitet wird. Die Mechanik musste so umgesetzt werden, dass nur die Pedaltraktur gezogen wird und die Pedaltasten nicht auf die Koppel durchstechen.

Windkanal Orgelrestaurierung

Windversorgung

Der Balgbereich und die Kanäle wurden gesaugt und der Motor nachgeölt. Die Risse in den Kanälen wurden mit Hautleim und Lederstreifen verschlossen bzw. das Leder erneuert. Die Papierung der Kanäle konnte beibehalten werden. Die Wurmlöcher im Windsystem wurden mit unserer Paste behandelt.

Zahling Holzwurm Orgelrestaurierung

Gehäuse

Am Gehäuse lassen sich die häufigsten und sichersten „Beweise“ für die extreme Stauchung des Instruments und das ganze Ausmaß dieser Maßnahme erkennen. Neben dem zuvor beschriebenen Überbleibsel des Spielschrankes und der ungewöhnlichen Prospektproportion weisen z. B. die unten grob abgeschnittenen Lisenen, die fehlenden gezinkten Verbindungsteile an den Gehäusekränzen und nicht zuletzt die in der Breite reduzierten und bearbeiteten Friese der Gehäuserahmen und die gekürzten Füllungen auf diesen drastischen Umbau hin. Auch aus den Schriftstücken von 1864 geht hervor, dass das gesamte Gehäuse ursprünglich ca. 6m hoch und ca. 2,3m breit gewesen sein muss.
Das Gehäuse wurde nach einer gründlichen Reinigung mit Holzwurmmittel eingelassen und entsprechend als behandeltes Holz gekennzeichnet. Ausgerissene Stellen wurden repariert. Die Steck-Füllungen wurden mit Filzeinlagen gegen störende Resonanzen gesichert.

Restaurierungsbericht der Barockorgel (PDF 2MB) Zum Youtube-Video über die Restaurierung

Kontakt